Schlank um jeden Preis – in sogenannten Pro-Ana-Communities wird Magersucht nicht als Krankheit gesehen, sondern als Lebensstil gefeiert. Was nach harmlosen Tipps und „Thinspiration“ aussieht, ist in Wahrheit ein gefährliches Netzwerk, das Betroffene tiefer in die Essstörung zieht. Besonders erschreckend: Immer wieder missbrauchen selbst ernannte „Coaches“ das Vertrauen junger Menschen – psychisch und manchmal auch körperlich.
Mit meinem Gast, der angehenden Psychologin Jasmina Eifert, spreche ich über die psychologischen Dynamiken hinter diesen Online-Gemeinschaften, über die Rolle des Internets und darüber, wie wichtig professionelle Hilfe wirklich ist.
Wie erkennen Angehörige die stillen Signale? Und was brauchen Betroffene, um sich aus solchen toxischen Strukturen zu lösen?
Triggerwahrung: In dieser Folge geht es um Essstörungen, insbesondere Anorexie, sowie über die sogenannte Pro-Ana-Bewegung. Es geht auch um psychische Belastungen, problematische Online-Inhalte und mögliche Formen von Missbrauch. Wenn dich diese Themen emotional stark belasten, höre die Folge bitte nur in einem geschützten Rahmen oder gemeinsam mit einer unterstützenden Person.
Wenn du selbst betroffen bist oder dir Sorgen um jemanden machst, findest du bei folgenden Anlaufstellen kostenlose und anonyme Hilfe:
Deutschland
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – Essstörungen (Infos für Betroffene, Angehörige und Fachpersonal, inkl. anonymer Onlineberatung.)
- ANAD e.V. – Hilfe bei Essstörungen (Beratung, Wohngruppen, Onlinehilfe, auch für Angehörige.)
- Nummer gegen Kummer – Telefonberatung
- FIDEO – Forum für Essstörungen (Online-Community mit moderiertem Austausch für Jugendliche und junge Erwachsene.)
- Sekteninfo NRW – Beratung und Information zu neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen
- Bundesstelle für Sektenfragen – Information und Beratung im Zusammenhang mit „Sogenannten Sekten“ und Weltanschauungsfragen
Österreich
- Verein intakt – Zentrum für Essstörungen (Therapieangebote, Beratung und Informationen.)
- Netzwerk Essstörungen Österreich
- 147 Rat auf Draht (Notruf für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen. Per Telefon (147 ohne Vorwahl), Online-Beratung oder Chat)
Schweiz
- Sucht Schweiz – Essstörungen (Aufklärung, Beratung und Präventionsangebote.)
- Pro Mente Sana (Psychosoziale Hilfe für Betroffene und Angehörige, auch bei Essstörungen.)
Meldestellen für Pro Ana Content:
Gespräch mit Jasmina Eifert
Sie studiert seit 2020 in Innsbruck Psychologie (derzeit im Master) sowie Rechts- und Kriminalsoziologie als Erweiterungsstudium. Seit 2023 arbeitet sie zudem in einer Akutpsychiatrie als psychologische Assistenz in der Diagnostik hauptsächlich mit Betroffenen von Traumafolgestörungen (insb. PTBS und Persönlichkeitsstörungen). Daneben referiert sie zu verschiedenen Themen wie Pro Ana oder Exorzismus.
Shownotes:
- BZgA – Magersucht (Anorexie) Offizielle Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu Symptomen, möglichen Ursachen und Behandlungswegen bei Anorexie. [Link]
- Bundesgesundheitsministerium – Essstörungen Überblick über verschiedene Formen von Essstörungen mit Hinweisen zu Prävention und Unterstützungsangeboten für Betroffene und Angehörige. [Link]
- Pro-Ana
- Essstörung
- Bulimie
- Dysmorphophobie
- BZgA-Glossar – Pro Ana / Pro Mia: Kurze Erklärung der Begriffe „Pro Ana“ und „Pro Mia“ sowie Hinweise auf die Gefahren solcher Inhalte. [Link]
- Sexualaufklärung.de – Mediennutzung und Essstörungen Fachbeitrag über den Einfluss von digitalen Medien, Schönheitsidealen und Plattformen auf das Körperbild und Essverhalten junger Menschen. [Link]
- Springer Medizin – Die Rolle der Medien bei Essstörungen Wissenschaftlicher Artikel zur Bedeutung von medialen Einflüssen auf Entstehung, Verlauf und mögliche Bewältigung von Essstörungen. [Link]
- DBVC – Kritik an Coaching-Angeboten (ReschkeFernsehen) Bericht über problematische Methoden und Versprechen in Teilen der Coaching-Szene – mit Fokus auf potenziellen psychischen Risiken und Abhängigkeiten. [Link]
- Über die Hashtags-Verbotswelle bei Spiegel Link]
- Über die unterschiede ES bei Pro Ana vs. Nicht-Ana von Stracke, Hartmann & Linster (2008), Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie, 58(2). 10.1055/s-2008-1061528.
- Reportage über PA Gruppen bei VICE: Ich war eine Woche in einer Pro-Ana-WhatsApp-Gruppe, in der Magersucht die Religion ist.
- Of Herbs and Altars bei YouTube [Link]
- Eine Studie von Eichenberg, Flümann & Hansges (2011) über die Nutzung von Pro-Ana-Communities durch Jugendliche im deutschsprachigen Raum. Sie zeigt, dass Nutzer:innen häufig hohe psychische Belastungen aufweisen und die Communities eine homogene Gruppe darstellen.
- Eine Studie von Lerman et al. (2023) über Pro-Ana-Communities auf Twitter und Online-Radikalisierungen. Sie zeigt, wie extreme Verhaltensweisen wie Fasten innerhalb dieser Communities verstärkt und normalisiert werden.
- Eine Studie von Lerman et al. (2024) über Essstörungsgespräche auf X, Reddit und TikTok. Sie zeigt, dass Plattformen mit schwächerer Moderation die Bildung toxischer Echokammern ermöglichen, die Pro-Ana-Rhetorik verstärken.
- Eine Übersichtsarbeit von PubMed Central (2020) über die psychologischen Auswirkungen von Pro-Ana- und Pro-Mia-Websites auf weibliche Teenager. Sie identifiziert eine Zunahme von Essstörungen und Körperbildproblemen durch die Nutzung solcher Seiten.
- Reportage über „Coaches“ von Brenneisen, N. (3. Juni 2015b): Ich habe auf einem Schweizer Blog einen Pädophilen getroffen, der mich in die Magersucht treiben wollte.
- Studie über sogenannte „Coaches“ von Simons, Noteboom & van Furth (2024): Pro-anorexia coaches prey on individuals with eating disorders. International Journal of Eating Disorders, 57(1), 124–131.